Titelbild zum News-Artikel ZVDH - Dach-Konvent - "Seid innovativ und macht coole Produkte"

ZVDH - Dach-Konvent - "Seid innovativ und macht coole Produkte"

04.11.2024
Thomas Münch

 

04. November 2024- PRESSE ZVDH

„Seid innovativ und macht coole Produkte“

ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk begrüßte rund 70 Teilnehmende des Dach-Konvents, dieses Mal in Würzburg. Zum 25. Mal kamen dort die Geschäftsführung der Dachbauindustrie und des Bedachungsfachhandels zusammen, um sich zu informieren und zu netzwerken.

In seiner Begrüßungsrede ging ZVDH-Präsident Bollwerk auf die aktuell kontrovers diskutierten Pläne des Bauministeriums zum Gebäudetyp E ein. „E kann für einfach und experimentell stehen, aber auch für enttäuschend.“ Warum? Ziel des Gesetzes sei es, das Bauen in Deutschland schneller und unkomplizierter zu machen. Das klinge erst mal gut. Aber: Es gehe vor allem um die anerkannten Regeln der Technik. Diese Regeln, so das Ministerium, verursachten im Wohnungsbau oft hohe Kosten. Durch neue gesetzliche Vorgaben im Bauvertragsrecht sollen Abweichungen von diesen Regeln künftig unter bestimmten Bedingungen einfacher möglich sein. „Es ist aber oft unklar, wo genau die Grenze besteht zwischen sicherheitsrelevanten Normungen und solchen, die reine Ausstattungs- und Komfortmerkmale abbilden. Bei einem komplexen Bauvorhaben ist die Unterscheidung nicht immer so einfach, wie der Gesetzgeber sich das vorstellt“, macht Bollwerk deutlich. Ein weiteres Aufregerthema sei die novellierte Gefahrstoffverordnung. „Die Verantwortung für die Identifizierung von Gefahrstoffen wie Asbest liegt jetzt komplett und ausschließlich beim Bauunternehmen. Der Bauherr wurde komplett aus der Verpflichtung genommen, er muss lediglich das Baujahr übermitteln - und das auch nur, wenn der Aufwand zumutbar ist.“ Hier sei der ZVDH im engen Austausch mit weiteren betroffenen Verbänden, um politische Entscheider auf Landesebene für dieses Thema zu sensibilisieren, und so in der anstehenden Bundesratsentscheidung die Novellierung noch zu kippen.

Aber der Dachdeckermeister hatte auch Positives zu berichten: Die schon seit zwei Jahren bestehende Kooperation mit dem Elektrohandwerk habe sich durch die auf der DACH+HOLZ abgeschlossene Verbändevereinbarung nochmals verstärkt. Und dieser Vereinbarung, bei der es um mehr Sicherheit bei der Installation von PV-Anlagen auf Dächern gehe, habe sich nun auch der Zentralverband Sanitär Heizung Klima angeschlossen. Und noch mehr Erfreuliches hatte der ZVDH-Präsident im Gepäck: Das Fachtechnikteam des ZVDH kann sich über drei neue Kollegen und Kolleginnen freuen und auch der Pressebereich hat Unterstützung bekommen.

Dachdeckerhandwerk: Fels in tosender Brandung

ZVDH-Diplom-Ökonom Felix Fink stellte die Frage, ob das Dachdeckerhandwerk zurzeit der Fels in der tosenden Brandung der Baukonjunktur sei und gab auch gleich die Antwort: Ja. Er belegte dies mit einer Fülle von Zahlen, ging aber zuvor auf die aktuelle Gemeinschaftsprognose der führenden Wirtschaftsinstitute ein. Diese sehen für Deutschland 2024 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,1 %. Für die kommenden Jahre erwarten die Institute eine schwache Erholung mit Zuwächsen von 0,8 % (2025) und 1,3 % (2026). Zum Baubereich merkte Fink an: „Auch wenn die Bautätigkeit nachlässt, es wird immer noch gebaut.“ Auch wenn die seit 2 Jahren anhaltenden Negativraten im Wohnungsneubau wenig erfreulich seien, sei das Dachdeckerhandwerk nicht so stark betroffen, denn dieses sei nur mit 12-15 % im Neubaubereich von Wohnungen involviert, einen großen Teil machten die Bestandsmaßnahmen aus: „Das ist der große Vorteil, dort spielt die Musik für uns.“

Zahlen zum Dachdeckerhandwerk

2023 gab es 15.269 eingetragene Dachdeckerbetriebe. Auffällig sei die zunehmende Zahl der Soloselbstständigen, erklärte Fink: „Derzeit arbeiteten rund ein Viertel der Betriebe ohne gewerbliche Mitarbeiter.“ Dies müsse man beobachten. Außerdem sinke demografiebedingt die Zahl der gewerblichen Arbeitnehmer. Doch trotz der schwierigen Rahmenbedingungen könne das Dachdeckerhandwerk stabile Umsatzzahlen vorweisen: 2023 gab es mit 12,89 Mrd. Euro ein leichtes Minus von 0,4 %. Bei abgeschwächten Preissteigerungsraten sollte das Dachdeckerhandwerk das Jahr 2024 mit einer Rate zwischen +2 % bis -2 % abschließen können.

Auch wenn die Forschungsinstitute für die Bauwirtschaft kurzfristig eine verhaltene Entwicklung erwarteten, so gebe es weiterhin einen potenziell hohen Bedarf an neuen Wohnungen und neuer Infrastruktur, den Umbau der Energiebasis sowie hohe Anforderungen bei der energetischen Sanierung von Gebäuden. Fink: „Durch die Zinssenkungen dürften die Finanzierungskosten zurückgehen. Entsprechend zieht die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten wieder an. Dies gibt allen ein wenig Zuversicht. Wir haben genügend Bedarf für den Bau insgesamt und mittelfristig kommen wir aus dem Tal heraus. Aber: der Neubau wird in den nächsten Jahren nicht mehr die Größe erreichen, die er mal hatte. Entscheidend wird der Bereich der energetischen Sanierung sein.“

Aus Followern Fachkräfte machen: neue Konzepte zur Nachwuchsgewinnung

ZVDH-Vizepräsident André Büschkes stellt die Aktion DACH mit derzeit 40 Mitgliedern aus der Bedachungsbranche vor und freut sich, neue Mitglieder begrüßen zu dürfen. Rebecca Klinkhammer, ZVDH-Projektmanagerin im Bereich Messe & Marketing, erläutert die jüngsten Neuerungen der Webseite dachdeckerdeinberuf.de, um es interessierten Schülern und Schülerinnen noch einfacher zu machen, einen Betrieb für ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz zu finden. Gut genutzt würde z.B. der WhatsApp-Button und auch der neue Newsletter sei mit 700 Abonnenten erfolgreich angelaufen. Die bisherigen Social-Media-Kanäle wie Insta, TikTok und Youtube bespiele man weiterhin, allerdings werde neben echten Baustellenbildern ergänzend auf KI-Bilder gesetzt. Aber auch neue Wege werden eingeschlagen: es gebe zwei Online-Spiele, man schalte verstärkt Anzeigen in den sozialen Medien und bei Google. Über Präsenz auf Spotify und Twitch wolle man verstärkt die Zielgruppe der 14 bis 17-jährigen ansprechen. Aber auch Messen und Berufsbildungstage stünden im Fokus, dabei komme der mobile Messestand in Kombination mit dem das Tattoo-Studio und die VR-Brillen besonders gut an. „Und wer dann noch einen Kran dabeihabe, müsse sich keine Sorgen um Zulauf am Stand machen“, berichtet Büschkes aus eigener Erfahrung. Philip Witte, Bereichsleiter Messe & Marketing,  stellte Print-Materialien der Nachwuchskampagnen vor und kündigte das Überarbeiten bestehender Werbefolder für die Auftragsakquise an. Ganz neu seien Werbekampagnen im öffentlichen Raum, zum Beispiel in S-Bahnen oder an Haltestellen. Geplant seien Weihnachts-Specials, Videosprechstunden mit dem Mayener Bildungszentrum, Vereinssponsoring und Influencer-Marketing.

Handwerk macht Schule

Das Berechnen von rechtwinkligen Dreiecken hat schon so manchen Schüler zur Verzweiflung getrieben. Auch hier hilft das Dachdeckerhandwerk, denn mit dem Projekt Handwerk macht Schule werden theoretische Aufgaben in praxisnahe umgesetzt. Rolf Fuhrmann, stellv. ZVDH-Hauptgeschäftsführer, erläutert das Projekt. Das Dachdeckerhandwerk stellt Materialien zur Gestaltung von Unterrichtseinheiten zur Verfügung, diese werden von einem Fachverlag pädagogisch und methodisch aufbereitet und umgesetzt. Grundlage für alle Themen seien die Lehrpläne allgemeinbildender Schulen, man bediene dabei Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung. Ein erstes Thema „Trigonometrie am Dreieck“ sei als erste Unterrichtseinheit des Dachdeckerhandwerks online, weitere werden folgen. Das Berechnen von Winkeln werde jetzt anhand von Dächern erklärt, und ganz nebenbei erführen die Schüler und Schülerinnen etwas über unterschiedliche Dachformen, lernen Begriffe wie Dachneigung und Dachdeckungen kennen. Diese Unterrichtseinheit fördere das Verständnis für die Anwendung von Geometrie und Trigonometrie in realen Kontexten, wie dem Planen eines Daches, und überführe abstraktes Wissen in praxisnahe Zusammenhänge. Auch dies sei „ein weiterer Schritt Richtung Fachkräftegewinnung“, so Fuhrmann.

Klimaschutz fördert technische Innovationen

ZVDH-Vizepräsident Michael Zimmermann und Jan Redecker, ZVDH-Geschäftsführer Technik, stellen das Dachdeckerhandwerk als Träger von Innovationen vor. Zimmermann macht deutlich: „Der Megatrend heute ist Neoökologie.“ Dazu gehörten Umweltschutz, Energiegewinnung und -einsparung.  „Wir sind nicht nur beim energetischen Sanieren dabei, sondern auch bei der Energietechnik. Mit PV-Anlagen sorgen wir für mehr Energie, wir sorgen für Wohnraumerweiterungen und durch Gründächer sorgen wir für ein besseres Klima.“  Wichtig sei dabei, alle mitzunehmen und gemeinsam an innovativen Produkten zu arbeiten: „Wir brauchen Euch als Industrie, wir müssen effizienter sein, und wir müssen den Betrieben die Chance geben, sich auf Neues einzustellen“, macht Zimmermann deutlich und geht noch weiter: „Wir müssen weg vom tradierten Denken.“ Daher gehe auch der Verband neue Wege: „Innovationen sind eine Herausforderung für die anerkannte Regel der Technik, aber ohne Neuerungen kommen wir nicht aus,“ erklärt Redecker.  Um dieses Spannungsfeld aufzulösen, habe man die innovativen Materialgarantien entwickelt und mit Ennogie einen ersten Partner gewonnen. Zudem gebe es einen neuen Bereich Forschung und Wissenschaft – beim ZVDH angesiedelt im Bereich Fachtechnik. Hier sei ein gemeinsames Forschungsvorhaben zum Thema Indachanlagen mit der HTW Berlin und TU Berlin geplant. „Wir werden die Kooperation mit der Wissenschaft ausbauen, um uns gegenseitig zu befruchten und so auch einen Mehrwert für unser Gewerk zu schaffen“, macht Redecker deutlich. Den Gästen des Dach-Konvents rief er zu: „Seid innovativ, entwickelt coole Produkte.“

Zum Schluss gab es noch etwas Bürokratie angesichts der Nachhaltigkeits-Berichterstattung. Es könnte auch als Chance für die Dachbaubranche gesehen werden, so ZVDH-Hauptgeschäftsführer Ulrich Marx.  Auch wenn Dachdecker-Betriebe nicht direkt betroffen seien, würden Banken, Wirtschaftsprüfer und öffentliche Auftraggeber dies zunehmend einfordern. In Brüssel versuche man derzeit, die umfangreichen Kriterien passend auf kleine Unternehmen runterzubrechen. Beim ZVDH beschäftige sich ein eigener Ausschuss mit diesem Thema, betreut von Philip Witte.

 

 

Alle Fotos: ZVDH

Quelle: Pressemitteilung ZVDH, 04. November 2024