Titelbild zum News-Artikel SHT Presseinformation - „Offener Brief" an CDU-Landesverband unter Vorsitz von Michael Kretschmer

SHT Presseinformation - „Offener Brief" an CDU-Landesverband unter Vorsitz von Michael Kretschmer

04.12.2024
Thomas Münch

Wirtschaft muss jetzt erste Priorität erhalten! - Sächsischer Handwerkstag: „Offener Brief" an CDU-Landesverband unter Vorsitz von Michael Kretschmer

Unter Bezug auf aktuell laufende Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in Sachsen zur voraussichtlichen Bildung einer Minderheitsregierung im Freistaat hat sich der Sächsische Handwerkstag mit einem dringlichen „Offenen Brief" an den CDU-Landesverband und dessen Vorsitzenden Michael Kretschmer gewandt.

Angesichts von bislang aus Koalitionsverhandlungen bekanntgewordenen Signalen zeigt sich das Handwerk besorgt, „ob Bedeutung und Stellenwert der Wirtschaft ausreichend Raum finden", wie es in dem Schreiben heißt. „Oberste Priorität muss die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes haben. Dazu muss auch das Land seinen Anteil leisten."

Für massiven Verdruss unter Handwerksunternehmern sorgt etwa, dass of-fenbar das bislang funktionierende sächsische Vergabegesetz fortan durch vergabefremde Kriterien wie der Berücksichtigung eines Vergabemindestlohnes verkompliziert werden soll. Damit verabschiede sich die sächsische CDU von der im Sommer dieses Jahres gegebenen Zusage, das öffentliche Auf-tragsvergaberecht des Landes „nicht gegen die Interessen der Wirtschaftsverbände" zu verabschieden.

Vom Handwerk kritisch gesehen werden zudem Pläne von CDU und SPD, eine Bildungsfreistellungsregelung ins künftige Regierungsprogramm aufzunehmen. Eine derartige Regelung führe selbst bei einer schlanken Ausgestaltung zu neuem bürokratischem Aufwand und Einschnitten in der Fachkräftebasis.


Dresden, 03. Dezember 2024

Offener Brief

Wirtschaft muss jetzt erste Priorität erhalten

Sehr geehrter Herr Landesvorsitzender Kretschmer,
sehr geehrte Mitglieder des Landesvorstandes, 

die Wirtschaft in Sachsen steht vor gewaltigen Herausforderungen. Weite Teile der Industrie und anderer Wirtschaftszweige befinden sich in einer Krise. Die Bauwirtschaft in Sachsen lahmt bereits seit eineinhalb Jahren. Immer mehr Bereiche auch des Handwerks werden von der Rezession ergriffen.

 In Anbetracht dieser Situation mahnt der Sächsische Handwerkstag als Dachorganisation aller Handwerkerinnen und Handwerker im Freistaat Sachsen an, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und bei der Erstellung eines neuen Koalitionsvertrages signifikante Signale für eine Belebung der Wirtschaft zu generieren. Die aktuellen Berichterstattungen und Informationen aus diesen Verhandlungsrunden widersprechen dieser Notwenigkeit diametral:

  1. Das Land muss darauf ausgerichtet werden, dass die Wirtschaft in dieser Krisensituation eine Belebung erfährt. Dazu bedarf es klarer Signale, um das Vertrauen der Unternehmerinnen und Unternehmer und letztlich der Kundinnen und Kunden zurückzugewinnen.
  2. Die Wirtschaft benötigt spürbaren Bürokratieabbau. Es braucht ein ambitioniertes Konzept, wie die Belastungen für die Unternehmen reduziert werden. Das Handwerk fordert eine klare Strategie, die messbare und abrechenbare Effekte erzielt.
  3. Der Freistaat Sachsen hat ein funktionierendes Vergabegesetz, das keiner grundsätzlichen Änderung bedarf. Die Signale aus den Gesprächen zwischen CDU und SPD deuten inzwischen allerdings darauf hin, dass die Einführung eines Vergabemindestlohnes mit weiteren bürokratischen Hürden Teil des Koalitionsvertrages wird. Damit verlässt die sächsische CDU auch den Weg und die Zusage, ein Vergabegesetz nicht gegen die Interessen der Wirtschaftsverbände zu verabschieden. Die vorgetragenen Bedenken speisen sich aus der Erfahrung, dass letztlich das Ziel einer fairen Vergabe an den bürokratischen und unkontrollierbaren Wünschen von vergabefremden Kriterien scheitert. Dies wiederum treibt die vergebenden Stellen in eine Situation, die mittelstandsfreundliche und losweise Vergabe nicht mehr gewährleisten zu können. Es geht um die Ordnungspolitik der sozialen Marktwirtschaft. Es existiert ein gesetzlicher Mindestlohn ebenso wie allgemeinverbindliche branchenspezifische Mindestlöhne, deren Grundlage der freien Verhandlung in der Sozialpartnerschaft damit in Frage gestellt werden.
  4.  Auch die geplante Umsetzung einer Bildungsfreistellungsregelung führt selbst bei schlanker Ausgestaltung zu bürokratischem Aufwand und Einschnitten in der Fachkräftebasis.

Sehr geehrter Herr Kretschmer,

wir stellen in Frage, ob Bedeutung und Stellenwert der Wirtschaft ausreichend Raum finden. Nur mit der Rückkehr zu Wachstum und Prosperität, sind weitere wünschenswerte politische Ziele finanzierbar. Die Menschen fragen nicht nach Details, sondern nach der Wichtung der Prämissen. Die Ängste in den Betrieben sind existentiell. Oberste Priorität muss die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes haben. Dazu muss auch das Land seinen Anteil leisten.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Nostitz                                  Dr. Andreas Brzezinski
Präsident                                      Sprecher des Geschäftsführerkollegiums