PÜHN Rechtsanwälte - Mandantenrundschreiben 11/2024 - Arbeitsrecht ChatGPT und andere KI-Programme – Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Einführung im Betrieb
PÜHN
R e c h t s a n w ä l t e
Mandantenrundschreiben
11/2024
Arbeitsrecht - ChatGPT und andere KI-Programme – Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Einführung im Betrieb
Es ist keine Frage der Zeit mehr, dass der Einsatz von ChatGPT und vergleichbaren Programmen der Künstlichen Intelligenz (KI) in deutschen Unternehmen Alltag wird. Das Arbeitsgericht Hamburg hatte in seiner Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung des Konzernbetriebsrates vom 16.01.2024 (AZ: 24 BVGa 1/24) zu befinden, inwieweit der Betriebsrat bei der Entscheidung über die Einführung solcher Technologien beteiligt werden muss.
In der Sache plante ein weltweit tätiger Medizintechnikhersteller die Einführung von ChatGPT zur Unterstützung seiner MitarbeiterInnen. Er erlaubte also den Einsatz von KI. Die Nutzung sollte ohne Firmenaccount erfolgen, die MitarbeiterInnen sollten sich eigenständig registrieren und die Software über private Accounts nutzen. Der Betriebsrat sah seine Mitbestimmungsrechte insbesondere in Bezug auf das Ordnungsverhalten (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG), den Datenschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und den Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) verletzt, da er nicht vorab durch das Unternehmen beteiligt wurde.
Die Arbeitsrichter in Hamburg sahen dies nicht so und gaben dem Arbeitgeber Recht. Der Betriebsrat muss der Nutzung von ChatGPT durch ArbeitnehmerInnen nicht zustimmen, wenn hierfür keine betrieblichen Accounts zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzung von ChatGPT über private Accounts der MitarbeiterInnen gehört zum mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates waren nicht verletzt. Folgende Punkte waren entscheidend für die Zurückweisung des Antrages:
- Arbeitsverhalten des Arbeitgebers: Die Vorgaben zur Nutzung von ChatGPT sind dem mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten des Arbeitgebers zuzuordnen. Es handelt sich lediglich um die Bereitstellung eines neuen Arbeitsmittels.
- Keine technische Überwachung: Die Nutzung von ChatGPT erfolgt nicht auf den Arbeitsplatzrechnern, sondern über den Webbrowser. Der Betriebsrat hatte bereits in einer Konzernbetriebsvereinbarung Regelungen zur Nutzung von Browsern getroffen.
- Kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
- Keine psychische Belastung: Der Betriebsrat hat nicht hinreichend dargelegt, dass durch die Nutzung von ChatGPT konkrete psychische Belastungen für die Beschäftigten entstehen.
- Kein Informationsrecht: § 90 BetrVG gewährt dem Betriebsrat nur Informations- und Beratungsrechte, aber kein Mitbestimmungsrecht.
Fazit:
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg bietet wegweisende Klarstellung für den betrieblichen Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT. ArbeitgeberInnen können KI-Tools nur einsetzen, ohne den Betriebsrat beteiligen zu müssen, wenn sie selbst keinen Zugriff auf die verarbeiteten Daten der Mitarbeiter haben. Aber Achtung! Ein Mitbestimmungsrecht könnte entstehen, sobald Firmenaccounts oder eigene interne KI-Tools zur Verfügung gestellt werden, da die ArbeitgeberInnen dann möglicherweise Zugriff auf die Nutzungsdaten der Beschäftigten haben. Es bedarf daher im Vorfeld einer genauen Einzelfallprüfung.
Pühn
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht