PÜHN Rechtsanwälte - Mandantenrundschreiben 10/2024 - Gesellschaftsrecht - Krise des Unternehmens - Ausweitung der Haftung des Geschäftsführers auch nach Amtsniederlegung
PÜHN
R e c h t s a n w ä l t e
Mandantenrundschreiben
10/2024
Gesellschaftsrecht - Krise des Unternehmens - Ausweitung der Haftung des Geschäftsführers auch nach Amtsniederlegung - BGH, Urteil vom 23.07.2024, II ZR 206/22
Wir beraten auch Gesellschafter, Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte in einer sich abzeichnenden Krise eines Unternehmens. Wir bringen ebenso unsere Erfahrungen aus Verfahren und Prozessen für Geschäftsführer und Gläubiger gegen den Insolvenzverwalter ein. Die eigentliche Beratung sollte weit vor einer Krise einsetzen. Denn die Insolvenz eines Unternehmens bedeutet in der Regel auch die Insolvenz des Geschäftsführers/Vorstandes; den Verlust mühsam aufgebauten Familienvermögens. Möglichkeiten zur Vermögensvorsorge (Asset Protection) weit im Vorfeld, am besten im Zusammenhang mit der Übernahme des Amtes, sind zu ergreifen; sie sind später goldwert! In der Krise kann man womöglich wenig richtig machen, aber eben (zu) vieles falsch. Frühzeitige anwaltliche Beratung und Begleitung ist unabdingbar.
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 23.07.2024, II ZR 206/22, die Haftung des Geschäftsführers nochmals verschärft. Danach haftet selbst der aus dem Amt bereits ausgeschiedene Geschäftsführer noch persönlich für Schäden, die Gläubigern (sog. Neugläubiger) dadurch entstanden sind, dass sie nach der Insolvenzreife noch Geschäfte mit dem Unternehmen gemacht haben. Ein Geschäftsführer, der nach Eintritt der Insolvenzreife - Zahlungsunfähigkeit, und/oder Überschuldung - Sicherheit sucht, indem er das Amt des Geschäftsführers, an das alle Rechtspflichten anknüpfen, niederlegt, haftet dennoch weiter, wenn - so die Formulierung des BGH – „die durch seine Antragspflichtverletzung geschaffene Verschleppung der Gefahrenlage im Zeitpunkt der Schadensentstehung noch fortbesteht“. Der Schrecken stellt sich erst bei näherer Befassung mit der Begründung des Urteils ein. Es sei eine „wertende Betrachtung dahingehend geboten, ob das vom Geschäftsführer geschaffene Risiko schon gänzlich abgeklungen“ sei. In dem entschiedenen Fall wirke sich das Risiko erst dann nicht mehr aus, wenn sich das Unternehmen wieder nachhaltig erholt habe und die Insolvenzreife nachhaltig beseitigt sei (also in der Mehrzahl der Fälle - leider - nie!). Und noch eins drauf: „Allein der zeitliche Abstand zwischen der Beendigung der Organstellung des Geschäftsführers und dem schädigenden Vertragsschluss des Neugläubigers mit der Gesellschaft reiche dagegen bei Fortbestehen der ursprünglichen geschaffenen Gefahrenlage für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs in der Regel nicht aus“! In dem ausgeurteilten Fall lagen sogar mehrere Jahre zwischen dem Ausscheiden des Geschäftsführers, den danach abgeschlossenen Geschäften und der späteren Insolvenzanmeldung! Eine dadurch bewirkte Ausuferung der Haftung des Geschäftsführers - so der BGH - sei nicht zu befürchten, da nicht jeder beliebige Dritte geschützt sei, sondern nur die mit der Gesellschaft in vertragliche Beziehungen tretenden Neugläubiger.
Für diejenigen Leser, die mit einer solchen Situation glücklicherweise noch nicht unmittelbar konfrontiert waren, hört sich das theoretisch an. Der obige BGH-Fall und auch die Praxis zeigen allerdings, dass Geschäftsführer und Vorstände in den allermeisten Fällen die Insolvenz weit verspätet anmelden. Legen Sie in diesem Zeitraum Ihr Amt als Geschäftsführer nieder, bestätigt das Urteil des BGH den Satz: Die Insolvenz eines Unternehmens bedeutet in der Regel auch die Insolvenz des Geschäftsführers.
Das ab dem 01.01.2021 in Kraft getretene Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechtes (SanInsFoG) und als Kern dessen das Gesetz zu Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen für Unternehmen (StaRUG) hat die Pflichten und damit die Risiken für Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und letztlich auch für Gesellschafter zeitlich weit vor die eigentliche Insolvenzkrise gezogen, nämlich 24 Monate vor Eintritt der Insolvenz! Ein Gesetz, das in Berlin beklatscht wurde als die Handreichung an Geschäftsleiter und Gesellschafter, um ein Unternehmen aus der Krise zu steuern (u.a. Zwang zu Gläubigerschnitten), ist nach unserer Wahrnehmung bei den KMU-Unternehmen nicht angekommen (nur die daraus erwachsenden Pflichten).
Fazit:
Lassen Sie sich so frühzeitig wie möglich über Optionen beraten.
Prof. Dr. Junghanns
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht