Titelbild zum News-Artikel PÜHN Rechtsanwälte - Mandantenrundschreiben 09/2024 - Werkvertrag: Minderung schließt Anspruch auf Kostenvorschuss nicht aus

PÜHN Rechtsanwälte - Mandantenrundschreiben 09/2024 - Werkvertrag: Minderung schließt Anspruch auf Kostenvorschuss nicht aus

04.10.2024
Thomas Münch

 

04. Oktober 2024 - Mandantenrundschreiben 09/2024

Werkvertrag: Minderung schließt Anspruch auf Kostenvorschuss nicht aus

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat vor mehreren Jahren entschieden, dass zumindest im Bereich des Bauvertrages die fiktiven Kosten der Mangelbeseitigung nicht mehr als Schadensersatz geltend gemacht werden können (vgl. BGH vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -). Obwohl diese Rechtsprechung sehr viel Kritik erhalten hat – insbesondere halten sowohl die für das Kaufrecht als auch für das Schadensersatzrecht zuständigen Senate des Bundesgerichtshofes an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, dass die fiktiven Mangelbeseitigungskosten/Reparaturkosten auch bei Nichtdurchführung der Beseitigung den Schaden (ohne Mehrwertsteuer) darstellen –, hält der VII. Zivilsenat an seiner geänderten Rechtsprechung fest.

Lässt der Auftraggeber den Mangel nicht beseitigen, so besteht der Schaden des Auftraggebers nach der Auffassung des VII. Zivilsenates ausschließlich in der Differenz zwischen dem Wert des Gebäudes im mangelfreien Zustand einerseits und dem mangelhaften Zustand andererseits.

Dies hatte in einem Rechtsstreit für den Auftraggeber die unliebsame Konsequenz, dass trotz Vorliegen von Mängeln mit einem Wert von fast 20.000 € der vom Gericht beauftragte Sachverständige zu der Auffassung gelangt ist, dass hierdurch kein Minderwert des Gebäudes entsteht. Die vom Auftraggeber erklärte Minderung ging deshalb „ins Leere“ und seine Klage wurde insoweit vom Landgericht abgewiesen. Nachdem auch das Berufungsgericht den Hinweis gegeben hat, an der fehlenden Minderung ist festzuhalten, hat der Auftraggeber seine Klage umgestellt und nunmehr Vorschuss für die Beseitigung der Mängel verlangt. Dieser Klage hat das Berufungsgericht dann stattgegeben, allerdings die Revision zugelassen, um die Frage zu klären, ob der Auftraggeber nach Geltendmachung einer Minderung noch auf einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung „wechseln“ kann. Der Auftragnehmer hat dann gegen das Urteil Revision eingelegt.
Mit Entscheidung vom 22.08.2024 – VII ZR 68/22 – hat der Bundesgerichtshof die seitens des Auftragnehmers eingelegte Revision zurückgewiesen.
Zunächst hat der Bundesgerichtshof – dies ist allerdings eine Frage des Einzelfalles und könnte durchaus auch anders gesehen werden – klargestellt, dass das Fehlen einer Wertminderung des Gebäudes nicht dazu führen muss, dass die Mangelbeseitigung für den Auftragnehmer unzumutbar wäre. Da es sich um Schallschutzmängel handelte, hat der Bundesgerichtshof die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung verneint.

Sodann hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass der Auftraggeber jederzeit zwischen den sekundären Mangelrechten wechseln kann. Lediglich eine Rückkehr zum Anspruch auf Nacherfüllung (also des Anspruches auf Mangelbeseitigung durch den Unternehmer) ist ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber Schadensersatz statt der Leistung vom Auftragnehmer verlangt hat. Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber zunächst Minderung verlangt hat, da insoweit die gleiche inhaltliche Zielstellung gegeben ist. In beiden Situationen ist das verletzte Leistungsinteresse des Auftraggebers, der das mangelhafte Werk behält, auszugleichen. Diese Mängelrechte schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Selbst wenn der Auftragnehmer eine Minderung akzeptiert haben sollte, wäre der Auftraggeber weiterhin berechtigt, einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung – gekürzt um den Minderungsbetrag – zu verlangen.

Insoweit hat sich der VII. Zivilsenat (erneut und im Ergebnis konsequent) gegen die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates – des Kaufsenates – gestellt, der davon ausgeht, dass die Minderungserklärung des Auftraggebers abschließend ist und ein Kostenvorschuss nicht mehr verlangt werden kann (vergleiche BGH vom 09.05.2018 – VIII ZR 26/17 – Rn. 22ff). Den – für solche differenzierenden Auffassungen eigentlich vorgesehenen – Großen Zivilsenat hat der VII. Zivilsenat allerdings nicht angerufen. Es wird deshalb zumindest mittelfristig bei einer unterschiedlichen Behandlung der Mängelrechte zwischen Kaufvertrag und Bauvertrag bleiben.

Fazit:
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes gibt Auftraggebern – insbesondere auch dann, wenn sich im Prozess herausstellt, dass trotz bestehender Mängel kein Schaden des Auftraggebers in Form einer Wertminderung des Gebäudes besteht – die Möglichkeit, wieder zur Mangelbeseitigung und damit zum Anspruch auf Kostenvorschuss für die Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten zurückzukehren.

Dietsch
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Pühn Rechtsanwälte, Zwickau

Quelle:

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